Gegeben seien konvergente Folgen [math]\left(a_n\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] mit Grenzwert [math]a[/math] und [math]\left(b_n\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] mit Grenzwert [math]b[/math]. Dann gelten folgende Aussagen:[br][br](i) Für jede Konstante [math]c\in\mathbb{R}[/math] ist die Folge [math]\left(c\cdot a_n\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] konvergent und es gilt [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(c\cdot a_n\right)=c\cdot a[/math].[br](ii) Die Folge [math]\left(a_n+b_n\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] ist konvergent und es gilt [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(a_n+b_n\right)=a+b[/math].[br](iii) Die Folge [math]\left(a_n\cdot b_n\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] ist konvergent und es gilt [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(a_n\cdot b_n\right)=a\cdot b[/math].[br](iv) Falls alle [math]b_n\ne0[/math] sind sowie [math]b\ne0[/math] ist, so ist die Folge [math]\left(\frac{a_n}{b_n}\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] konvergent und es gilt [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(\frac{a_n}{b_n}\right)=\frac{a}{b}[/math].[br]
Die Rechenregeln für Grenzwerte sind in den folgenden Applets für ausgewählte Beispiele visualisiert. Mit den Applets kannst du erproben, wie sich die Folgen verhalten und mehrere Parameter selbst ändern.
Du hast bereits die ersten zwei Rechenregeln für Grenzwerte mit den Applets erkundigt. Wahrscheinlich hast du die Regeln auch bestätigt gesehen. Doch bevor man in der Mathematik Regeln allgemein gültig verwendet, müssen sie bewiesen sein.[br]Alle vier Regeln werden nach dem Prinzip bewiesen, dass ab einem bestimmten [math]n_{\varepsilon}[/math] alle weiteren Werte nur noch in einer Entfernung von maximal [math]\varepsilon[/math] um den Grenzwert herum liegen (Epsillon-Schlauch).[br]Im folgenden wirst du den Beweis zu (ii) gezeigt bekommen und sollst anschließend selber (i) beweisen.
Es sei ein beliebiges aber festes [math]\varepsilon>0[/math] vorgegeben.[br]Zu zeigen ist, dass ein [math]n_{\varepsilon}[/math] existiert für das [math]|\left(a_n+b_n\right)-\left(a+b\right)|<\varepsilon[/math] für alle [math]n\ge n_{\varepsilon}[/math] gilt.[br][br]Es ist [math]|\left(a_n+b_n\right)-\left(a+b\right)|=|\left(a_n-a\right)+\left(b_n-b\right)|\le|a_n-a|+|b_n-b|[/math] (*)[br][br]Da die einzelnen Folgen [math]\left(a_n\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] und [math]\left(b_n\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] konvergent sind, existieren [math]n_{\varrho}[/math] und [math]n_{\sigma}[/math], sodass[br][math]|a_n-a|<\varrho[/math] für alle [math]n\ge n_{\varrho}[/math] und [math]|b_n-b|<\sigma[/math] für alle [math]n\ge n_{\sigma}[/math] gilt.[br][br]Wir wählen nun [math]\varrho=\sigma=\frac{\varepsilon}{2}[/math] und als [math]n_{\varepsilon}[/math] das Maximum von [math]n_{\varrho}[/math] und [math]n_{\sigma}[/math].[br]Dann gilt [math]|\left(a_n+b_n\right)-\left(a+b\right)|\le|a_n-a|+|b_n-b|<\frac{\varepsilon}{2}+\frac{\varepsilon}{2}=\varepsilon[/math]. q.e.d.[br][br]Nach Definition gilt [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(a_n+b_n\right)=a+b[/math].
Was passiert im Schritt (*) ?
Bei "[math]=[/math]" wird nur umgeschrieben unter Benutzung des Kommutativgesetzes und Klammersetzung zur besseren Übersicht.[br][br]Bei "[math]\le[/math]" wird die Dreiecksungleichung benutzt.
Nun bist du an der Reihe: Versuche (i) zu beweisen. Schreibe dazu die Abschätzungen der Beträge auf einem separaten Blatt auf.[br]Das Applet kann dir beim Beweis eine Hilfe sein.[br]Vergiss dabei nicht den Fall [math]c=0[/math].
Wie beweist du, dass [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(c\cdot a_n\right)=^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(0\cdot a_n\right)=0\cdot a=0[/math], falls [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(a_n\right)=a[/math] ist?
Der Fall ist relativ schnell abgehandelt, da [math]\left(c\cdot a_n\right)_{n\in\mathbb{N}}=\left(0\cdot a_n\right)_{n\in\mathbb{N}}=\left(0\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] die konstante Nullfolge ergibt. Für ein beliebiges aber festes [math]\varepsilon>0[/math] existiert [math]n_{\varepsilon}=1[/math] mit [math]\forall n\ge n_{\varepsilon}[/math] (also [math]\forall n\in\mathbb{N}[/math]) : [math]|c\cdot a_n-c\cdot a|=|0-0|=0<\varepsilon[/math].
Wie muss [math]\rho[/math] gewählt werden, damit [math]|c\cdot a_n-c\cdot a|<\varepsilon[/math] gilt?
Da [math]|c\cdot a_n-c\cdot a|=|c|\cdot|a_n-a|<|c|\cdot\rho[/math] für alle [math]n\ge n_{\rho}[/math] gilt, muss [math]\rho=\frac{\varepsilon}{|c|}[/math] gewählt werden. Dann gilt für alle [math]n\ge n_{\varepsilon}=n_{\rho}[/math] : [math]|c\cdot a_n-c\cdot a|<|c|\cdot\rho=|c|\cdot\frac{\varepsilon}{|c|}=\varepsilon[/math].
Du hast nun bereits zwei Rechenregeln bewiesen. Die Regeln (iii) und (iv) sind ein bisschen aufwendiger, weshalb du sie (ausnahmsweise) ohne Beweis anwenden darfst. In den zwei folgenden Applets kannst du (iii) und (iv) erkunden. In den Applets sind auch Eingabefelder, in die du eigene Folgen eingeben kannst.
Untersuche die nachfolgenden Folgen auf Konvergenz und bestimme gegebenenfalls den Grenzwert. Manchmal brauchst du mehrere Rechenregeln für eine Teilaufgabe. Halte am besten ein Blatt für Nebenrechnungen bereit.[br][br]Du kannst dabei folgende Limites als bekannt verwenden:[br][math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\frac{1}{n}=0[/math][br][math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(-1\right)^n\cdot\frac{1}{n}=0[/math][br][math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\frac{n+1}{n}=^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(1+\frac{1}{n}\right)=1[/math][br][math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\left(c+\frac{1}{n}\right)=c[/math] ; [math]c\in\mathbb{R}[/math]
Bestimme den Grenzwert von [math]\left(\frac{1}{n^k}\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] für [math]k\ge1[/math], falls möglich.
Bestimme den Grenzwert von [math]\left(\frac{2+\frac{3}{n}}{3+\frac{4}{n}}\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math], falls möglich.
Finde die Folge, die den gleichen Grenzwert hat, wie [math]\left(\frac{2+\frac{3}{n}}{3+\frac{4}{n}}\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math].
Auch [math]\left(\frac{2^n+3^n}{2^n-3^n}\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] kann man lösen. Der Grenzwert ist [math](-1)[/math]. Doch so wie die Folge dort steht, darf man die Rechenregeln nicht anwenden, da Zähler und Nenner divergieren. Wie muss man die Folge richtig umformen?
In der Schule arbeitet ihr weniger mit Folgen, sondern mehr mit [b]Funktionen[/b] über die reellen Zahlen. Diese Untersucht ihr auf Nullstellen, Steigung, Extrema, Wendestellen und eben auch auf ihr [b]Unendlichkeitsverhalten[/b]. Hier hilft das Wissen über Grenzwerte bei Folgen euch, auf die Grenzwerte von Funktionen zu schließen.
Welchen Grenzwert hat die Funktion [math]f\left(x\right)=\frac{1}{x}[/math] und von welcher Folge kannst du ihn herleiten?
[math]^{lim}_{x\rightarrow\infty}\frac{1}{x}=0[/math] wie bei der Folge [math]\left(\frac{1}{n}\right)_{n\in\mathbb{N}}[/math] mit [math]^{lim}_{n\rightarrow\infty}\frac{1}{n}=0[/math].
Wohin strebt [math]f\left(x\right)=\frac{\left(x+2\right)}{x-3}[/math]?
Das soll nur ein kurzer Ausblick sein, was in der Hochschulmathematik noch folgen wird. In der Schule behandelt man fast ausschließlich Funktionen. In der Hochschule behandelt man zuvor ausführlich Folgen und Reihen, bevor man dann zu den komplexeren Funktionen über geht.
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