Genauigkeit und mathematische Idealisierung

[size=100][size=85][size=200][size=150]Die Funktionenlupe und der Integrator sind didaktische Konstrukte zu Verstehen und EinSEHEN von Grundvorstellungen der Analysis. Dazu nutzen sie zur dynamischen Visualisierung Schieberegler, die naturgemäß nur rationale Werte annehmen können und auch nur in diskreten Schritten vorangehen. Einen wirklichen Grenzwertprozess im Sinne der Hochschul-Analysis führt man damit nicht durch. Und es gibt auch einen kleinsten Wert, der nicht unterschritten wird (hier auf 0.0001 eingestellt). Damit ist man nahe an der frühen Sicht des [i]Leibniz-Calculus [/i]mit unendlich kleinen, aber von Null verschiedenen Größen, den so genannten Differentialen. [br]Immer wieder kommt die Frage auf: 'Darf' man das? Oder gar: Ist das noch Mathematik oder ein Zerrbild? [br]Sicher ist es nicht die Mathematik des 'sauberen' Umgangs mit ε-δ-Umgebungen der heutigen Hochschulmathematik. Aber es ist auch offenkundig, dass der Versuch der 70-er Jahre, das etwas verdünnt in die Schule zu transportieren, gescheitert ist. [/size][br][size=150][br]Zum Umgang mit Genauigkeit und mathematischer Idealisierung ein Zitat von Ricard Courant:[br][color=#0000ff][b]"In den Anwendungen der Mathematik auf Naturerscheinungen haben wir es niemals mit scharf definierten Größen zu tun. Ob eine Länge [i]exakt [/i]gleich einem Meter ist, das ist eine Frage, welche durch kein Experiment entschieden werden kann und welche infolgedessen keinen "[i]physikalischen Sinn[/i]" hat. Ebensowenig hat es einen unmittelbaren physikalischen Sinn, von einem materiellen Stabe zu sagen, seine Länge sei rational oder sie sei irrational; wir werden sie immer mit jeder wünschenswerten Genauigkeit durch rationale Zahlen messen können [...]. [br]Ebenso wie die Frage nach Rationalität oder Irrationalität in der strengen Bedeutung der "Präzisionsmathematik" keinen physikalischen Sinn hat, wird auch sonst in den Anwendungen die wirkliche Durchführung von Grenzübergängen gewöhnlich nur eine mathematische Idealisierung darstellen. Die Bedeutung solcher Idealisierungen für die Anwendungen beruht vor allem darin, daß durch sie alle analytischen Ausdrücke wesentlich einfacher und handlicher werden. [...] [br]Jede rationelle Naturbetrachtung wäre ohne derartige mathematische Idealisierungen zu hoffnungsloser Komplikation verurteilt und müsste in den ersten Anfängen stecken bleiben. Wir wollen hier jedoch nicht auf eine Betrachtung über das Verhältnis der Mathematik zur Wirklichkeit eingehen; ich möchte lediglich für unsere gegenwärtige Begriffsbildung hervorheben, daß man bei den Anwendungen das Recht hat, einen Differenzenquotienten an die Stelle eines Differentialquotienten zu setzen und umgekehrt, sobald die betrachteten Differenzen nur klein genug sind, um bei der Annäherung eine genügende Genauigkeit zu gewährleisten. [...] [br]Diese[i] "physikalisch unendlich kleinen" Größen[/i] haben einen präzisen Sinn. Es sind durchaus endliche, von Null verschiedene Größen, nur für die betreffende Betrachtung klein genug gewählt, z. B. kleiner als der Bruchteil einer Wellenlänge oder kleiner als der Abstand zweier Elektronen im Atom oder dgl., allgemein kleiner als der verlangte Grad der Genauigkeit.[/b]"[/color][br][i]R. Courant (1971): Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung 1. Springer. S. 98 - 99[br][/i][br]Diesen Gedanken von Courant übernehme ich hier für einen didaktischen Zugang zu Grundvorstellungen der Analysis, indem ich mit h kleiner werde als ein Bruchteil eines Bildschirmpixels. Die dynamische Visualisierung mit Funktionenlupe & Differentiograph, mit Integrator & Integraph soll nicht eine mathematische Idealisierung und mathematische Theorie ersetzen, sondern sie vorbereiten und und auf schulischem Niveau einsehbar machen. Das Ziel ist also didaktisch, nicht fachmathematisch. [/size][br][/size][/size][/size]

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