Der Satz von Holditch
Bei verschiedenen Schülerwettbewerben wurde die Aufgabe gestellt, die (im Applet gelb markierte) Ringfläche zwischen den konzentrischen Kreisen für gegebene Werte von s und r (bei unbekanntem R) zu berechnen. Überraschenderweise hängt das Ergebnis nicht vom Radius R des Außenkreises ab. Du wirst hier eine noch viel größere Überraschung erleben: Die Randkurve kann nicht nur ihre Größe verändern, sondern eine [b]beliebige Gestalt [/b]annehmen, ohne dass sich der Inhalt der Fläche zwischen ihr und der Bahnkruve von X ändert![br][br][b]Anleitung[/b][br][list][*]Verändere die Länge l der Sehne PQ und den Parameter s bzw. r = l-s (also die Position von X auf der Sehne PQ) und beobachte die Auswirkungen auf die Ringfläche. [br][/*][*]Überzeuge dich durch Ziehen am Schieberegler, dass eine Veränderung von R keine Auswirkung auf die gelbe Fläche hat.[/*][*]Verändere nun die [b]Gestalt der Randkurve[/b] mit den Schiebereglern [math]\epsilon[/math], i, j, k und R und beobachte jeweils die Auswirkungen auf die Ringfläche.[br][/*][*]Untersuche auch die Spezialfälle Quadrat und Dreieck. Welche einfache Erklärung für die Formel für die "Ringfläche" gibt es im Falle des Quadrats? [/*][*]Modifiziere die Randkurve so, dass sie nicht mehr konvex ist. Verändere l und s so, dass der Punkt X bei seinem Umlauf manchmal außerhalb der Randkurve liegt. Nach wie vor hängt die "Ringfläche" nicht von der Gestalt der Randkurve ab. Wie ist der außen liegende Teil der Ringfläche zu interpretieren?[/*][*]Blende die "verlängernde Gerade" ein, wähle s < 0 oder s > l und beobachte die Auswirkungen. Wie sind die auftretenden Vorzeichen zu interpretieren?[br][/*][/list]
[i]Diese GeoGebra-App wurde nach der Vorlage von Thijs, [url=https://www.geogebra.org/m/HUprjjw7]https://www.geogebra.org/m/HUprjjw7[/url], erstellt.[/i][b][br][/b]
[b]Mathematischer Hintergrund[/b][br][br][b]Der Satz von Holditch[/b][br][i](Rev. Hamnet Holditch, [url=https://tinyurl.com/HolditchOriginal]The Quarterly Journal Of Pure And Applied Mathematics (1858) Vol.II, 38[/url])[/i][br][br]Bewegt sich ein starrer Stab PQ der Länge l entlang einer vorgegebenen geschlossenen ebenen Randkurve, wobei seine Endpunkte stets auf der Kurve liegen, und führt er dabei einen vollständigen Umlauf aus, bis er wieder seine Ausgangslage eingenommen hat, ist ferner X ein Punkt auf dem Stab, der diesen in zwei feste Teillängen s (hier rot) und r (hier blau) unterteilt, dann ist der Inhalt der Ringfläche (hier gelb) zwischen der gegebenen Randkurve und der Bahnkurve (dem "Orbit") von X ist stets gleich [math]\bf \pi\cdot r\cdot s[/math], [b]unabhängig von der Gestalt der gegebenen Kurve.[/b] [br][br]Zusatz: Die Aussage gilt auch dann noch, wenn der Punkt X auf der Geraden durch P und Q außerhalb der Strecke PQ liegt. In diesem Fall ist s<0 bzw. r<0 als "orientierter Abstand" und die Ringfläche als "orientierte Fläche" zu vertsehen.[br][br]Die wesentliche Idee zum Beweis ergibt sich aus den Untersuchungen im nächsten Kapitel. Eine exakte Ausführung erfolgt im Anhang.[br]
Periodische Bewegungsvorgänge
[i]Das Applet zeigt den Bewegungsablauf eines Vierecks unter der Wirkung eines "periodischen Bewegungsvorgangs der Ebene".[br][/i][b][br]Anleitung[/b][br][list][*]Beobachte den Bewegungsablauf des Vierecks. Schalte die "Spur" ein und verfolge die Spuren der Eckpunkte.[/*][*]Blende die Gerade und/oder das begleitende Koordinatensystem ein. Beobachte den Bewegungsablauf für verschiedene Werte von [math]a,b[/math] und insbesondere [math]n[/math].[/*][*]Blende das Viereck und das begleitende KOS aus und nur die Gerade, den Orbit [math]p\left(t\right)[/math] und Richtungsvektor [math]e\left(t\right)[/math] ein. Beobachte die Bedeutung von [math]n[/math] für das Verhalten des Richtungsvektors.[br][/*][/list]
[b]Mathematischer Hintergrund[br][/b][i](Eine Formalisierung der folgenden Ausführungen erfolgt im Anhang)[/i][b][br][br]Periodische Bewegungsvorgänge[/b][br][br]In der Geometrie versteht man unter "Bewegung" eine Kongruenzabbildung (Isometrie) der Ebene (oder des Raumes) auf sich, durch die festgelegt ist, [i]wohin [/i]ein Punkt oder eine Menge von Punkten, z.B. das Viereck oben, bewegt wird, aber nicht [i]auf welchem Weg[/i]. Eine "Bewegung" im mathematischen Sinn beschreibt also nur das Endergebnis eines möglichen Bewegungsablaufs, indem sie angibt, wie sich aus der Anfangsposition eines beliebigen Punktes seine Endposition bestimmen lässt. Längen und Winkel einer starren Figur bleiben dabei unverändert. Wenn auch die Orientierung unverändert bleibt, spricht man von einer "eigentlichen Bewegung". Beispielsweise wird im obigen Applet (bei [i]angehaltener [/i]Animation) das helle Viereck durch eine eigentliche Bewegung auf das dunkle abgebildet. (In der Literatur findet man auch die Verwendung des Begriffs "Bewegung" im Sinne von "eigentliche Bewegung".)[br][br]Um einen Bewegungs[i]vorgang[/i] in seinem zeitlichen Verlauf (z. B. im obigen Applet bei [i]eingeschalteter [/i]Animation) mathematisch zu beschreiben, benötigt man unendlich viele "Bewegungen" im mathematischen Sinn, genauer gesagt eine Abbildung [math]c[/math], die jedem Zeitpunkt [math]t[/math] des betrachteten Zeitintervalls eine Isometrie [math]c(t)[/math] zuordnet, mit der sich bestimmen lässt, wohin eine Originalfigur (z.B. das Viereck) [i]bis zum Zeitpunkt t [/i]bewegt wurde. [br][br]Ein Bewegungsvorgang heißt "periodisch", wenn er sich nach einer bestimmten Zeit [math]T[/math] (der Periodendauer) wiederholt. Den Zeitpunkt[math]t=0[/math] wählen wir als Startpunkt der Bewegung. Da sich beim Start noch nichts bewegt hat, ist [math]c\left(0\right)[/math] die identische Abbildung, die alle Punkte der Ebene unverändert lässt.[br][br][br][b]Visualisierung durch eine bewegte Gerade[/b][br][br]Einen periodischen Bewegungsvorgang kann man nicht direkt sehen. Was du siehst, wenn du die Animation startest, ist [i]die Wirkung[/i] des Bewegungsvorgangs [i]auf das Viereck[/i]. Stell dir nun vor, das Viereck ist aus Pappe und du klebst einen Strohhalm darauf (Häkchen bei "Gerade [math]p\left(t\right)+s\cdot e\left(t\right)[/math]" setzen). Strohhalm und Viereck sind nun starr miteinander verbunden und bewegen sich gemeinsam. Wenn du die Lage des Strohhalms kennst, kannst du daraus die Lage des Vierecks jederzeit rekonstruieren, vorausgesetzt du weißt, an welcher Stelle [math]P[/math] und in welche Richtung der Strohhalm aufgeklebt war. Wichtig dabei ist auch noch, dass der Strohhalm eine Orientierung hat (d.h. dass man links und rechts unterscheiden kann), hier dargestellt durch zwei verschiedenfarbige Halbgeraden. Nicht nur das Viereck, sondern jeder Punkt der Ebene hat bezüglich des Strohhalms eine eindeutige Lage. Man kann die orientierte Gerade, die den Strohhalm modelliert, als Achse eines mitbewegten Koordinatensystems interpretieren, aus der sich die zweite Achse durch Drehung um 90° gegen den Uhrzeigersinn eindeutig ergibt. Jeder bewegte Punkt der Ebene kann zu jedem Zeitpunkt anhand seiner konstanten Koordinaten in diesem System identifiziert werden.[br][br][b]Fazit: [/b]Man erhält alle Informationen über einen Bewegungsvorgang [math]c[/math] bzw. über jede einzelne Isometrie [math]c(t)[/math], wenn man die Wirkung des Bewegungsvorgangs bzw. jeder einzelnen Isometrie auf eine beliebige, aber fest gewählte Gerade kennt. Der Bewegungsablauf der Geraden visualisert den Bewegungsvorgang ohne Informationsverlust. [br][br][b]Die Umlaufzahl eines ebenen periodischen Bewegungsvorgangs[/b][br][br]Bekanntlich ist eine Gerade durch die Angabe eines Punktes [math]P[/math] und eines Richtungsvektors [math]e[/math] eindeutig definiert. Um das Bild der Geraden unter einer Isometrie zu kennen, muss man wissen, a) wohin der feste Punkt [math]P[/math] verschoben wurde und b) um welchen Winkel sich der Richtungsvektor [math]e[/math] gedreht hat. Bei einem Bewegungsvorgang müssen diese Informationen für jeden Zeitpunkt t vorliegen. Du kannst sie im Applet sichtbar machen durch Setzen der Häkchen bei "Orbit [math]p\left(t\right)[/math]" und "Richtungsvektor [math]e\left(t\right)[/math]".[br][br]Die Ausgangslage der Gerade zum Zeitpunkt [math]t=0[/math] ist horizontal, wobei der Richtungsvektor nach rechts zeigt. Nach einer Periode befindet sich die Gerade wieder in genau dieser Lage. Während des Ablaufs beschreibt der Punkt [math]P[/math] eine geschlossene Kurve (seinen "Orbit", hier im Applet eine Ellipse mit den variablen Halbachsen a und b), während der Richtungsvektor [math]e[/math] ein ganzzahliges Vielfaches [math]2\pi n[/math]eines Vollwinkels überstreicht. Die darin auftretende ganze Zahl [math]n[/math] ist von der Wahl der Ausgangsgeraden unabhängig und wird als die "Umlaufzahl des periodischen Bewegungsvorgangs" bezeichnet. (Beachte dass Drehungen im Uhrzeigersinn durch negative, entgegengesetzte durch positive Winkel beschrieben werden.) [br]
Das gewichtete arithmetische Mittel bei quadratischen Funktionen
Die einfache Formel "A mal rot mal blau gleich gelb", mit deren Hilfe der Satz von Holditch bewiesen wurde, wird hier verallgemeinert. Dies führt zu einer Verallgemeinerung des Satzes von Holditch, bei der die Annahme [math]f(l)=f(0)[/math] fallen gelassen werden kann.[br][br][b]Anleitung[/b][br][list][*]Verändere die Parameter mit den Schiebereglern. Welche Bedeutung haben sie für die dargestellte Figur? Welchen Einfluss hat [math]m[/math] auf die Länge der gelben Linie?[br][/*][*]Setze das Häkchen bei "Mittelwerte" und leite die dargestellte Formel für [math]\bar z[/math] her. Kennst du eine ähnliche Formel aus der Stochastik?[/*][*]Setze das Häkchen bei "Hebelgesetz" und leite die dargestellten Formeln her. Welche Aussage ergibt sich aus dem Vergleich der verschiedenen Darstellungen von [math]\bar z[/math]?[/*][*]Verschiebe die Parabel durch "Anfassen" am Scheitelpunkt. Wie hängt das obige Ergebnis von ihrer Lage im Koordinatensystem ab?[br][/*][*]Setze das Häkchen bei "Tangente". Formuliere eine rein geometrische Aussage über (geometrisch definierte) Parabeln, die hier sichtbar wird.[br][/*][/list]
[b]Mathematischer Hintergrund[br][/b][br]Sei [math]f:\mathbb{R}\longrightarrow\mathbb{R}[/math], [math]f\left(x\right)=Ax^2+Bx+C[/math] eine quadratische Funktion, seien [math]a,b\in\mathbb{R}[/math] beliebig mit [math]a \lt b [/math] und sei [math]l=b-a[/math]. [br](Im Applet sind [math]a[/math] und [math]b[/math] eindeutig bestimmt durch [math]A[/math], [math]l[/math], [math]m[/math] und die Lage [math]x_S[/math] des Scheitelpunkts, nämlich [math]a=x_s-\frac{l}{2}+\frac{m}{2A}[/math] und [math]b=a+l[/math], woraus umgekehrt [math]b-a=l[/math] und [math]\frac{f\left(b\right)-f\left(a\right)}{b-a}=m[/math] folgt.)[br][br][b]Baryzentrische Koordinaten[/b]:[br]Die reelle Zahl [math]\overline{x}[/math] kann als gewichtetes arithmetisches Mittel von [math]a[/math] und [math]b[/math] aufgefasst werden: [math]\overline{x}=\alpha\cdot a+\beta\cdot b[/math] mit [math]\alpha+\beta=1[/math]. Die Gewichtungsfaktoren [math]\alpha[/math] und [math]\beta[/math] werden auch [i]baryzentrische Koordinaten [/i]von [math]\overline{x}[/math] bezüglich [math]a[/math] und [math]b[/math] genannt. Dabei sind auch negative Werte für [math]\alpha[/math] oder [math]\beta[/math] zulässig, so dass jede reelle Zahl [math]\overline{x}[/math] eine (bei festen [math]a[/math] und [math]b[/math] eindeutige) Darstellung dieser Art hat. Setzt man [math]s:=\overline{x}-a=\beta\cdot l[/math] und [math]r:=b-\overline{x}=\alpha\cdot l=l-s[/math], so gilt das [i]Hebelgesetz[/i] [math]\alpha\cdot s=\beta\cdot r[/math]. Für [math]\alpha\ne0[/math] ist [math]\beta:\alpha[/math] das (ggf. negative) Teilverhältnis, in dem [math]\overline{x}[/math] das Intervall [math]\left[a,b\right][/math] teilt.[br][br]Bekanntlich gilt für eine lineare Funktion [math]g:\mathbb{R}\longrightarrow\mathbb{R}[/math] aufgrund der Strahlensätze die [i]Verhältnistreue [/i]oder [i]Mittelwerttreue[/i]: [math]\alpha\cdot g\left(a\right)+\beta\cdot g\left(b\right)=g\left(\alpha\cdot a+\beta\cdot b\right)[/math] oder kurz [math]\overline{y}=g\left(\overline{x}\right)[/math]. Für eine quadratische Funktion ist ein Korrekturterm erforderlich wie im folgenden Satz beschrieben.[br][br][b]Satz: [/b][br]Mit den obigen Bezeichnungen gilt[br](1) [math]\alpha\cdot f\left(a\right)+\beta\cdot f\left(b\right)-f\left(\alpha\cdot a+\beta\cdot b\right)=\alpha\cdot As^2+\beta\cdot Ar^2=:\overline{z}[/math] ,[br](2) [math]\overline{z}=\alpha\cdot\beta\cdot A\cdot l^2=A\cdot s\cdot r[/math] .[br][br]Daraus folgt mit den Bezeichnungen aus dem Applet: [math]\overline{y}-f\left(\overline{x}\right)=A\cdot s\cdot r[/math] oder "A mal rot mal blau gleich gelb".[br][br]Damit gewinnt diese im ersten Kapitel entwickelte Faustformel eine neue, allgemeinere Bedeutung für das gewichtete arithmetische Mittel bei quadratischen Funktionen, aus der im nächsten Applet eine verallgemeinerte Version des Satzes von Holditch hergeleitet wird.[br][br]Der Beweis des obigen Satzes ergibt sich leicht aus den Formeln im Applet und ist im Anhang ausgeführt. Man kann (1) auf den Spezialfall [math]f\left(x\right)=x^2[/math] reduzieren. Dabei handelt sich um die aus der Statistik bekannte Regel [i]"mittlere quadratische Abweichung vom Mittelwert (Varianz) = Mittelwert der Quadrate minus Quadrat des Mittelwerts"[/i], die natürlich auch für Mittelwert und Varianz von mehr als zwei Größen gilt und analog bewiesen wird.[br][br][b]Geometrischer Satz über Parabeln[/b]:[br]Zu einer gegebenen Parabel [math]p[/math] sei [math]g=PQ[/math] eine beliebige Sekante ([math]P[/math] und [math]Q[/math] die Schnittpunkte mit [math]p[/math]) und [math]t[/math] die Tangente im Punkt [math]P[/math]. Ferner sei [math]X=\alpha P+\beta Q[/math] mit [math]\alpha+\beta=1[/math] ein Punkt auf der Sekante (der die Strecke [math]\overline{PQ}[/math] im Verhältnis [math]\beta:\alpha[/math] teilt) und [math]h[/math] eine parallel zur Symmetrieachse von [math]p[/math] verlaufende Gerade durch [math]X[/math]. Sei [math]Y[/math] der Schnittpunkt von [math]h[/math] mit [math]p[/math] und [math]Z[/math] der Schnittpunkt von [math]h[/math] mit [math]t[/math]. Dann gilt:[br] [math]Y=\alpha Z+\beta X[/math] (d.h. die Teilverhältnisse [math]TV(Z,X;Y)[/math] und [math]TV(P,Q;X)[/math] sind gleich, oder mit der Farbgebung im Applet: [i]grün:gelb = rot:blau[/i]).[br]
Exakte Definitionen und Beweise
[b]Definition:[/b][br]Ein [math]T[/math]-periodischer Bewegungsvorgang ([math]T\in\mathbb{R}^+[/math]) der euklidischen Ebene [math]E[/math] ist eine Abbildung [math]c:\mathbb{R}\longrightarrow Isom\left(E\right)[/math] in die Gruppe [math]Isom\left(E\right)[/math] der Isometrien von [math]E[/math] mit [math]c\left(0\right)=id_E[/math] und [math]c\left(t+T\right)=c\left(t\right)[/math] für alle [math]t\in\mathbb{R}[/math].[br]Wie in der Differentialgeometrie üblich kann man [math]Isom\left(E\right)[/math] mit einer differenzierbaren Struktur versehen und verlangt dann üblicherweise, dass die Abbildung [math]c[/math] (mindestens einmal) stetig differenzierbar ist. (Als Folge davon sind alle Isometrien [math]c\left(t\right)[/math] orientierungstreu.)[br]Im Folgenden wird die euklidische Ebene vereinfachend mit [math]\mathbb{R}^2[/math] (versehen mit dem Standard-Skalarprodukt und der Standard-Orientierung) identifiziert. [br][br]Durch die Vorgabe zweier [math]T[/math]-periodischer, stetig differenzierbarer Abbildungen [math]p:\mathbb{R}\longrightarrow\mathbb{R}^2[/math] und [math]e:\mathbb{R}\longrightarrow S^1[/math] wird ein [math]T[/math]-periodischer Bewegungsvorgang der Ebene wie folgt definiert: [br]Für jedes [math]t\in\mathbb{R}[/math] bildet [math]\left(p\left(t\right),e\left(t\right),Je\left(t\right)\right)[/math] ein begleitendes Koordinatensystem (wobei [math]J[/math] die Drehung um [math]\frac{\pi}{2}[/math] gegen den Uhrzeigersinn bezeichnet). [br]Die Isometrie [math]c(t)[/math] wird dann dadurch definiert, dass sie einen beliebigen Punkt [math]X[/math] mit der eindeutigen Darstellung [math]x_{\alpha,\beta}=p\left(0\right)+\alpha\cdot e\left(0\right)+\beta\cdot Je\left(0\right)[/math] mit [math]\alpha,\beta\in\mathbb{R}[/math] auf den Punkt [math]X(t)[/math] mit [math]x\left(t\right)=p\left(t\right)+\alpha\cdot e\left(t\right)+\beta\cdot Je\left(t\right)[/math] abbildet. [br]Insebesondere wird also die Gerade [math]g=\left\{p\left(0\right)+s\cdot e\left(0\right)|s\in\mathbb{R}\right\}[/math] punktweise auf die Gerade [math]g\left(t\right)=\left\{p\left(t\right)+s\cdot e\left(t\right)|s\in\mathbb{R}\right\}[/math] abgebildet.[br][br]Der [i]Orbit [/i]eines einzelnen Geradenpunktes [math]p\left(0\right)+s\cdot e\left(0\right)[/math] kann somit durch die [math]T[/math]-periodische, stetig differenzierbare Abbildung [math]x_s:\mathbb{R}\longrightarrow\mathbb{R}^2,\ t\mapsto p\left(t\right)+s\cdot e\left(t\right)[/math] beschrieben werden. Speziell ist [math]p[/math] der Orbit des Punktes [math]p(0)[/math]. [br][br]Aus der Differentialgeometrie übernehmen wir für den von einem solchen Orbit umrandeten [i]orientierten Flächeninhalt [/i]die Formel [math]F=\int_0^T\frac{1}{2}\det\left(x_s\left(t\right),x_s'\left(t\right)\right)dt[/math] (zur Herleitung vgl. das Applet "Berechnung des orientierten Flächeninhalts"). Damit lässt sich der folgende Satz formulieren und beweisen:[br][br][b]Satz: [/b][br]Der orientierte Flächeninhalt [math]f\left(s\right)[/math] der vom Orbit [math]x_s[/math] umrandeten Fläche hängt (höchstens) quadratisch vom Parameter [math]s[/math] ab. Der Leitkoeffizient der so definierten (höchstens) quadratischen Funktion [math]f[/math] ist ein ganzzahliges Vielfaches von [math]\pi[/math]. [br][br][b]Beweis:[/b] [br]Es gilt wegen der Bilinearität der Determinante:[br][math]f(s) = \int_0^T\frac{1}{2}\det\left(x_s\left(t\right),x_s'\left(t\right)\right)dt =\frac{1}{2}\int_0^T\det\left(p\left(t\right)+s\cdot e\left(t\right),p'\left(t\right)+s\cdot e'\left(t\right)\right)dt\\=\frac{1}{2}\int_0^T\left[\det\left(p\left(t\right),p'\left(t\right)\right)+s\cdot\left(\det\left(p\left(t\right),e'\left(t\right)\right)+\det\left(e\left(t\right),p'\left(t\right)\right)\right)+s^2\cdot \det\left(e\left(t\right),e'\left(t\right)\right)\right]dt\\=\frac{1}{2}\int_0^T\det\left(p\left(t\right),p'\left(t\right)\right)dt+s\cdot\frac{1}{2}\int_0^T\left(\det\left(p\left(t\right),e'\left(t\right)\right)+\det\left(e\left(t\right),p'\left(t\right)\right)\right)dt+s^2\cdot \frac{1}{2}\int_0^T\det\left(e\left(t\right),e'\left(t\right)\right)dt\\=:A s^2+B s+C[/math][br][br]Dabei ist [math]A=\frac{1}{2}\int_0^T\det\left(e\left(t\right),e'\left(t\right)\right)dt[/math] der vom Einheitsvektor [math]e(t)[/math] während einer Periode überstrichene orientierte Flächeninhalt, was wegen [math]e\left(T\right)=e\left(0\right)[/math] nur ein ganzzahliges Vielfaches der Einheitskreisfläche sein kann, also [math]A=n\cdot\pi[/math]. Die Zahl [math]n\in\mathbb{Z}[/math] wird als [i]Umlaufzahl des periodischen Bewegungsvorgangs [/i]bezeichnet.[br][br]Weiter ist [math]B=\frac{1}{2}\int^T_0\left(\det\left(p\left(t\right),e'\left(t\right)\right)+\det\left(e\left(t\right),p'\left(t\right)\right)\right)dt[/math] und schließlich [math]C=\frac{1}{2}\int_0^T\det\left(p\left(t\right),p'\left(t\right)\right)dt[/math], was (wenig überraschend) der vom Orbit [math]p[/math] des Punktes [math]p(0)[/math] umlaufene orientierte Flächeninhalt ist.[br][br][b]Satz von Holditch (modifiziert):[/b][br]Sei [math]l\in\mathbb{R}^+[/math] (die Länge der Sehne in der Originalversion) und seien [math]p[/math] und [math]q[/math] zwei [math]T[/math]-periodische, beliebig oft differenzierbare Wege in [math]\mathbb{R}^2[/math] (die Orbits der beiden Endpunkte der Sehne) mit [math]\left|q\left(t\right)-p\left(t\right)\right|=l[/math], also [math]e\left(t\right):=\frac{q\left(t\right)-p\left(t\right)}{l}\in S^1[/math] für alle [math]t\in\mathbb{R}[/math]. Der Orbit eines beliebigen Punktes der durch [math]p(t)[/math] und [math]q(t)[/math] verlaufenden Geraden kann durch [math]x_s\left(t\right)=p\left(t\right)+s\cdot e\left(t\right)[/math] beschrieben werden. Insbesondere ist [math]q\left(t\right)=x_l\left(t\right)=p\left(t\right)+l\cdot e\left(t\right)[/math]. Sei weiter [math]f\left(s\right)=As^2+Bs+C[/math] wie oben die Funktion, die dem Parameter [math]s[/math] den zugehörigen orientierten Flächeninhalt [math]f(s)[/math] zuordnet, und sei [math]f\left(l\right)=f\left(0\right)[/math]. (Hier geht entscheidend ein, dass die Endpunkte der Sehne dieselbe Randkurve durchlaufen, deren Gestalt aber keine Rolle spielt!) Dann gilt:[br][br][center][math]\bf \it f\left(0\right)-f\left(s\right)=n\cdot\pi\cdot s\cdot\left(l-s\right)[/math] [/center]wobei [math]n[/math] die Umlaufzahl des durch [math]p[/math] und [math]e[/math] definierten periodischen Bewegungsvorgangs ist.[br][br]Bei einer einfach geschlossenen Randkurve, die im positiven Sinn umlaufen wird, ist [math]n=1[/math], und die Differenz auf der linken Seite kann als Inhalt der Ringfläche zwischen der Randurve [math]p=x_0[/math] und dem Orbit [math]x_s[/math] interpretiert werden. Dies ergibt den Satz von Holditch in der ursprünglichen Form. [br][br][b]Beweis:[/b][br]1. Fall: [math]n=0[/math] (dies ist z.B. der Fall, wenn die Sehne entlang einer Lemniskate geführt wird). Dann ist [math]A=n\cdot\pi=0[/math] und die Funktion [math]f[/math] linear mit zwei gleichen Funktionswerten, also konstant. Somit [math]f(0)-f(s)=0[/math].[br]2. Fall: [math]n\ne0[/math]. Dann ist [math]f[/math] eine quadratische Funktion mit Scheitelpunkt bei [math]\frac{l}{2}[/math], also [math]f\left(s\right)=A\cdot\left(s-\frac{l}{2}\right)^2+f\left(\frac{l}{2}\right)[/math]. Mit [math]\Delta x:=\frac{l}{2}-s[/math] folgt [math]f\left(0\right)-f\left(s\right)=A\cdot\left(\left(\frac{l}{2}\right)^2-\Delta x^2\right)=A\cdot\left(\frac{l}{2}-\Delta x\right)\cdot\left(\frac{l}{2}+\Delta x\right)=n\cdot\pi\cdot s\cdot\left(l-s\right)[/math]. [br][br][b]Zusatzbemerkung:[/b][br]In der ursprünglichen Holditch-Situation (mit [math]n=1[/math]) entsteht im Falle [math]s<0[/math] oder [math]s>l[/math] eine "Ringfläche", die ganz oder überwiegend außerhalb der vorgegebenen Randkurve liegt und daher einen negativen orientierten Flächeninhalt hat. Dieser kann betraglich mit [math]s\in\left[l,\infty\right)[/math] bzw. [math]l-s\in\left[l,\infty\right)[/math] jeden Wert annehmen. Ist die Länge [math]l[/math] der Sehne ganzzahlig, so ist der Flächeninhalt der außen liegenden Ringfläche genau dann betraglich gleich [math]\pi[/math], wenn [math]s[/math] bzw. [math]l-s[/math] die reelle Zahl mit der periodischen Kettenbruchdarstellung [math]\left[\;\overline{l}\;\right][/math] ist. Speziell für [math]l=1[/math] ist dies der [i]goldene Schnitt[/i].[br][br][b]Exkurs: "Holditch-Durchlaufung" eines Winkels[/b][br]Seien [math]l\in\mathbb{R}^+[/math] (die Sehnenlänge) und [math]\alpha\in\left(0,\pi\right)[/math] vorgegeben. Die Halbgeraden [math]\mathbb{R}^{\ge0}\cdot\left(-1,0\right)[/math] ("P-Schenkel" = negative x-Achse) und [math]\mathbb{R}^{\ge0}\cdot\left(\cos\alpha,\sin\alpha\right)[/math] ("Q-Schenkel", in der oberen Halbebene) bilden einen Winkel mit dem Scheitelpunkt im Ursprung und mit dem Nebenwinkel [math]\alpha[/math]. Sei [math]a:=\frac{l}{\sin\alpha}[/math]. Die Abbildungen[math]p:\left[0,\alpha\right]\rightarrow\mathbb{R}^2[/math],[math]\varphi\mapsto a\cdot \sin\left(\alpha-\varphi\right).\left(-1,0\right)[/math] und [math]q:\left[0,\alpha\right]\rightarrow\mathbb{R}^2[/math],[math]\varphi\mapsto a\cdot \sin\varphi\cdot\left(\cos\alpha,\sin\alpha\right)[/math] sind geeignete Parametrisierungen für die Bewegungen der Endpunkte [math]P[/math] und [math]Q[/math] einer starren Sehne auf den entsprechenden Schenkeln mit der Anfangslage [math]p\left(0\right)=\left(-l,0\right)[/math], [math]q\left(0\right)=\left(0,0\right)[/math] und der Endlage [math]p\left(\alpha\right)=\left(0,0\right)[/math], [math]q\left(\alpha\right)=l\cdot\left(\cos\alpha,\sin\alpha\right)[/math], da [math]q\left(\varphi\right)-p\left(\varphi\right)=l\cdot\left(\cos\varphi,\sin\varphi\right)[/math] und damit [math]\left|q\left(\varphi\right)-p\left(\varphi\right)\right|=l[/math] für alle [math]\varphi\in\left[0,\alpha\right][/math].[br]Die Bahnkurve [math]x_s\left(\varphi\right)=p\left(\varphi\right)+\frac{s}{l}\left(q\left(\varphi\right)-p\left(\varphi\right)\right)[/math] eines beliebigen Punktes [math]X_s[/math] auf der Geraden durch [math]P[/math] und [math]Q[/math] kann vektoriell beschrieben werden durch [math]\vec x_s\left(\varphi\right)=\left(\sin\left(\alpha-\varphi\right)\right)\cdot\left( \begin{array}{r}[br]-1 \\ [br]0 \\ [br]\end{array}\right)+s\cdot\left( \begin{array}{r}[br]\cos\varphi \\ [br]\sin\varphi \\ [br]\end{array}\right) [br][/math][math]=M\cdot \vec e\left(\varphi\right)[/math], wobei [math]\vec e\left(\varphi\right)=\left( \begin{array}{r}[br]\cos\varphi \\ [br]\sin\varphi \\ [br]\end{array}\right) [/math] und [math]M=\left( \begin{array}{rr}[br]s-l & a\cdot \cos\alpha \\ [br]0 & s \\ [br]\end{array}\right)[/math] (= die Matrix der linearen Abbildung [math]L_2\circ L_1[/math] aus dem Applet zu diesem Thema) ist. Der Vektor [math]\vec x_s\left(\varphi\right)[/math] überstreicht bei der Durchlaufung des Parameterintervalls den orientierten Flächeninhalt [math]\frac{1}{2}\int_0^{\alpha}\det\left(x_s\left(\varphi\right),x'_s\left(\varphi\right)\right)d\varphi=\frac{1}{2}\int_0^{\alpha}\det\left(Me\left(\varphi\right),Me'\left(\varphi\right)\right)d\varphi[/math][math]=\frac{1}{2}\int_0^{\alpha}\det\left(M\right)\cdot \det\left(e\left(\varphi\right),e'\left(\varphi\right)\right)d\varphi=\frac{\alpha}{2}\cdot \det\left(M\right)=-\left(\frac{\alpha}{2\pi}\right)\cdot \pi\cdot r\cdot s[/math] mit [math]r:=l-s[/math].[br][br]Anmerkung: Die gleiche Winkeldurchlaufung findet beim schiefen Ellipsenzirkel im Applet "Orbit Variationen" statt. Dazu setzt man dort das Häkchen bei "Ellipsenzirkel", den Parameter [math]\Delta\varphi[/math] auf [math]\alpha+\frac{\pi}{2}[/math] und den Parameter [math]a[/math] auf [math]\frac{l}{\sin\alpha}[/math]. Der oben beschriebene Winkel wird dort im Zeitintervall von [math]t_1=\frac{3}{4}-\frac{\alpha}{2\pi}[/math] bis [math]t_2=\frac{3}{4}[/math] durchlaufen. Dabei ist dort [math]p\left(t\right)=\left(a\cdot \cos\left(2\pi t\right),0\right)[/math] und [math]q(t)=p(t)+l\cdot\left(\cos\left(2\pi t+\Delta\varphi\right),\sin\left(2\pi t+\Delta\varphi\right)\right)[/math]. Die Umparametrisierung [math]t\mapsto\varphi\left(t\right):=2\pi\left(t-1\right)+\Delta\varphi[/math] bildet das Intervall [math]\left[t_1,t_2\right][/math] bijektiv auf [math]\left[0,\alpha\right][/math] ab und es ergibt sich mit [math]\varphi=\varphi\left(t\right)[/math] nach ein paar trigonometrischen Umformungen exakt dieselbe Parametrisierung des Ellipsenbogens wie oben.[br][br][b]Satz (gewichtetes Mittel bei quadratischen Funktionen[/b]):[br]Sei [math]f\left(x\right)=Ax^2+Bx+C[/math]. Seien [math]a,b\in\mathbb{R}[/math] und [math]l:=b-a[/math]. Seien [math]\alpha,\beta\in\mathbb{R}[/math] mit [math]\alpha+\beta=1[/math], seien [math]\overline{x}:=\alpha\cdot a+\beta\cdot b[/math], [math]\overline{y}:=\alpha\cdot f\left(a\right)+\beta\cdot f\left(b\right)[/math], [math]r:=\alpha\cdot l=b-\overline{x}[/math], [math]s:=\beta\cdot l=\overline{x}-a[/math] und schließlich [math]\overline z:=\alpha\cdot As^2+\beta\cdot Ar^2[/math]. Dann gilt:[br](1) [math]\overline z=A\cdot s\cdot r[/math][br](2) [math]\alpha\cdot f\left(a\right)+\beta\cdot f\left(b\right)-f\left(\alpha\cdot a+\beta\cdot b\right)=A\cdot s\cdot r=\alpha\cdot\beta\cdot A\cdot l^2[/math] oder kurz [math]\overline{y}-f\left(\overline{x}\right)=\overline z[/math].[br][br][b]Beweis:[/b][br]Es gilt das Hebelgesetz [math]\alpha s=\alpha\beta l=\beta r[/math], also [math]\alpha s^2+\beta r^2=\beta rs+\alpha sr=\left(\alpha+\beta\right)sr=sr[/math]. Multiplikation mit [math]A[/math] ergibt (1).[br]Bekanntlich gilt für die lineare Funktion [math]g\left(x\right)=Bx+C[/math] die Verhältnistreue oder Mittelwerttreue [math]\alpha\cdot g\left(a\right)+\beta\cdot g\left(b\right)=g\left(\alpha\cdot a+\beta\cdot b\right)[/math]. Daher muss in der Differenz auf der linken Seite von (2) nur der rein quadratische Anteil [math]Ax^2[/math] von [math]f\left(x\right)[/math] berücksichtigt werden. Es gilt:[br][math]\overline{z}=A\cdot\left[\alpha\cdot\left(a-\overline{x}\right)^2+\beta\cdot\left(b-\overline{x}\right)^2\right]\\\quad=A\cdot\left[\left(\alpha a^2+\beta b^2\right)-2\left(\alpha a\overline{x}+\beta b\overline{x}\right)+\left(\alpha+\beta\right)\overline{x}^2\right]\\\quad=A\cdot\left[\left(\alpha a^2+\beta b^2\right)-\overline{x}^2\right]\\\quad=\overline{y}-f\left(\overline{x}\right)[/math][br](Anmerkung: Es handelt sich hierbei i.W. um einen Spezialfall der aus der Statistik bekannten Regel [i]"mittlere quadratische Abweichung vom Mittelwert (Varianz) = Mittelwert der Quadrate minus Quadrat des Mittelwerts"[/i], die für Mittelwert und Varianz von beliebig vielen Größen gilt und analog bewiesen wird.)[br]Zusammen mit (1) folgt hieraus auch die erste Gleichung von (2).[br][br][b]Verallgemeinerter Satz von Holditch ([/b]Woolhouse und andere, 1858[b]): [/b][br]Seien [math]P[/math], [math]Q[/math] und [math]X[/math] drei Punkte auf einem starren Stab ([math]P\ne Q[/math]), der einem ebenen periodischen Bewegungsvorgang mit der Umlaufzahl [math]n[/math] unterworfen wird, seien [math]F_P[/math], [math]F_Q[/math] und [math]F_X[/math] die orientierten Flächeninhalte der von ihren Orbits umlaufenen Flächen und sei [math]X=\alpha P+\beta Q[/math] mit [math]\alpha+\beta=1[/math]. Dann gilt: [math]\alpha\cdot F_P+\beta\cdot F_Q-F_X=n\cdot\pi\cdot\alpha\cdot\beta\cdot\left|PQ\right|^2[/math].[br][b][br]Beweis: [br][/b]Seien [math]t\mapsto p\left(t\right)[/math] bzw. [math]t\mapsto q\left(t\right)[/math] die Orbits von [math]P[/math] bzw. [math]Q[/math], sei [math]e\left(t\right):=\frac{1}{l}\left(q\left(t\right)-p\left(t\right)\right)[/math] mit [math]l:=\left|PQ\right|[/math], sei ferner [math]s:=\beta\cdot l[/math]. Dann ist [math]x_s:t\mapsto p\left(t\right)+s\cdot e\left(t\right)=\alpha\cdot p\left(t\right)+\beta\cdot q\left(t\right)[/math] der Orbit von [math]X[/math]. Sei [math]f[/math] die quadratische Funktion, die jedem Parameter [math]s[/math] den von [math]x_s[/math] umlaufenen orientierten Flächeninhalt zuordnet, also [math]A=n\cdot\pi[/math] und [math]F_P=f\left(0\right)[/math] , [math]F_Q=f\left(l\right)[/math], [math]F_X=f\left(s\right)[/math]. Die Anwendung des obigen Satzes mit [math]a=0[/math] und [math]b=l[/math] liefert die Behauptung,[br][br]Der ursprüngliche Satz von Holditch folgt aus dem Spezialfall [math]n=1[/math] und [math]F_Q=F_P[/math].
[b]Der Satz von Woolhouse[/b][br][i]W.S.B. Woolhouse, [url=https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=mdp.39015065988027&view=1up&seq=835]The Lady's And Gentleman's Diary (1859), 89[/url][/i][br][br]Sei [math]c:\mathbb{R}\longrightarrow Isom\left(E\right)[/math] ein [math]T[/math]-periodischer Bewegungsvorgang der euklidischen Ebene mit der Umlaufzahl [math]n[/math]. [br]Seien [math]P_1,..,P_m\in E[/math] und [math]\alpha_1,...,\alpha_m\in\mathbb{R}[/math] mit [math]\sum\alpha_i=1[/math]. (Falls alle [math]\alpha_i>0[/math] sind, können diese als relative Massen einer diskreten Massenverteilung in den Punkten [math]P_i[/math] interpretiert werden, jedoch sind hier auch negative [math]\alpha_i[/math] zulässig.) Sei [math]S:=\sum\alpha_iP_i[/math] (der [i]Schwerpunkt [/i]dieser Massenverteilung). Für einen beliebigen Punkt [math]P\in E[/math] sei [math]F_P[/math] der orientierte Flächeninhalt der vom Orbit von [math]P[/math] umlaufenen Fläche. Statt [math]F_{p_i}[/math] schreiben wir auch kurz [math]F_i[/math]. Dann gilt:[br][math]F_S=\sum\alpha_iF_i-n\cdot\pi\cdot\sum\alpha_i\left|SP_i\right|^2=\sum\alpha_i\left(F_i-n\cdot\pi\cdot\left|SP_i\right|^2\right)[/math].[br][br][b]Beweis [/b](vollständige Induktion über [math]m\ge2[/math]):[br][br]Für [math]m=2[/math] gilt nach dem verallgemeinerten Satz von Holditch (mit entsprechend angepassten Bezeichnungen) [math]\alpha_1F_1+\alpha_2F_2-F_S=n\cdot\pi\cdot\alpha_1\cdot\alpha_2\cdot\left|P_1P_2\right|^2[/math] (*)[br]Andererseits gilt in vektorieller Schreibweise [math]\overrightarrow{P_1S}=\alpha_1\cdot\overrightarrow{P_1P_1}+\alpha_2\cdot\overrightarrow{P_1P_2}=\alpha_2\cdot\overrightarrow{P_1P_2}[/math], und analog [math]\overrightarrow{SP_2}=\alpha_1\cdot\overrightarrow{P_1P_2}[/math], und somit [math]\alpha_1\left|SP_1\right|^2+\alpha_2\left|SP_2\right|^2=\left(\alpha_1\alpha_2^2+\alpha_2\alpha_1^2\right)\left|P_1P_2\right|^2[/math], was aber wegen [math]\alpha_2+\alpha_1=1[/math] dasselbe ist wie [math]\alpha_1\cdot\alpha_2\cdot\left|P_1P_2\right|^2[/math]. Damit ist die Gleichung (*) zur Behauptung für [math]m=2[/math] äquivalent.[br][br]Sei nun [math]m\in\mathbb{N}[/math], [math]m\ge2[/math] und gelte die Behauptung für [math]m[/math] Punkte. Zu zeigen ist, dass sie dann auch für [math]m+1[/math] Punkte zutrifft. Seien daher [math]P_1,...,P_m,P_{m+1}\in E[/math] und [math]\alpha_1,...,\alpha_m,\alpha_{m+1}\in\mathbb{R}[/math] mit [math]\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_i=1[/math]. Sei [math]S:=\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_iP_i[/math] der Schwerpunkt dieser Massenverteilung. Da [math]m\ge2[/math] ist, muss mindestens eins der [math]\alpha_i[/math] ungleich 1 sein. O.B.d.A. gelte dies für [math]\alpha_{m+1}[/math]. Setze [math]\alpha:=\sum_{i=1}^m\alpha_i=1-\alpha_{m+1}\ne0[/math] und [math]\alpha_i':=\frac{\alpha_i}{\alpha}[/math] für [math]i=1,...m[/math]. Dann erfüllen [math]P_1,...,P_m[/math] und [math]\alpha'_1,...,\alpha'_m[/math] die Voraussetzungen des Satzes für [math]m[/math] Punkte, so dass mit [math]S':=\sum_{i=1}^m\alpha'_iP_i[/math] gilt: [math]F_{S'}=\sum_{i=1}^m\alpha'_iF_i-n\cdot\pi\cdot\sum_{i=1}^{^m}\alpha'_i\left|S'P_i\right|^2[/math]. Ferner erfüllen [math]S',P_{m+1}[/math] und [math]\alpha,\alpha_{m+1}[/math] die Voraussetzung des Satzes für [math]m=2[/math], und es ist [math]\alpha S'+\alpha_{m+1}P_{m+1}=\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_iP_i=S[/math]. Daher gilt: [br][math]F_S=\alpha\cdot F_{S'}+\alpha_{m+1}\cdot F_{m+1}-n\cdot\pi\cdot\left(\alpha\left|SS'\right|^2+\alpha_{m+1}\left|SP_{m+1}\right|^2\right)\\ =\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_iF_i-n\cdot\pi\cdot\left(\alpha\cdot\sum_{i=1}^m\alpha_i'\left|S'P_i\right|^2+\alpha\cdot\left|SS'\right|^2+\alpha_{m+1}\left|SP_{m+1}\right|^2\right)\\ =\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_iF_i-n\cdot\pi\cdot\left(\alpha\cdot\sum_{i=1}^m\alpha_i'\left(\left|S'P_i\right|^2+\left|SS'\right|^2\right)+\alpha_{m+1}\left|SP_{m+1}\right|^2\right)[/math][br]Nun ist [math]\overrightarrow{SP_i}=\overrightarrow{SS'}+\overrightarrow{S'P_i}[/math] für [math]i=1,...,m[/math] und daher[br][math]\sum_{i=1}^m\alpha'_i\left|SP_i\right|^2=\sum_{i=1}^m\alpha'_i\left(\left|SS'\right|^2+\left|S'P_i\right|^2+2\left(\overrightarrow{SS'}\cdot\overrightarrow{S'P_i}\right)\right)\\ =\sum_{i=1}^m\alpha'_i\left(\left|SS'\right|^2+\left|S'P_i\right|^2\right)+2\left(\overrightarrow{SS'}\cdot\sum_{i=1}^m\alpha'_i\overrightarrow{S'P_i}\right)\\ =\sum_{i=1}^m\alpha'_i\left(\left|SS'\right|^2+\left|S'P_i\right|^2\right)+2\left(\overrightarrow{SS'}\cdot\overrightarrow{S'S'}\right)\\ =\sum_{i=1}^m\alpha'_i\left(\left|SS'\right|^2+\left|S'P_i\right|^2\right)[/math][br]Damit ergibt sich schließlich[br][math]F_S=\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_iF_i-n\cdot\pi\cdot\left(\sum_{i=1}^m\alpha\alpha_i'\left|SP_i\right|^2+\alpha_{m+1}\left|SP_{m+1}\right|^2\right)\\ =\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_iF_i-n\cdot\pi\cdot\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_i\left|SP_i\right|^2=\sum_{i=1}^{m+1}\alpha_i\cdot\left(F_i-n\cdot\pi\cdot\left|SP_i\right|^2\right)[/math],[br]was zu zeigen war.[br][br][br][b]Weiterführende Literatur:[/b][br][i]Peter Dombrowski, [/i]Wege in euklidischen Ebenen - Kinematik der Speziellen Relativitätstheorie, Springer 1999