Unser Kriminalfall
Weil der Titel dieses Workshops "CSI:Informatik" lautet, könnt ihr euch sicher schon vorstellen, dass wir heute über einen Kriminalfall sprechen werden. Um diesen Kriminalfall zu lösen, brauchen wir unbedingt eure Hilfe. Doch hört euch jetzt zunächst mal an, worum es eigentlich geht:
Kriminalgeschichte
Auf einer kleinen Insel, die vom Festland nur durch eine Fähre erreicht werden kann, befindet sich[br]ein großes, wunderschönes und in der ganzen Welt bekanntes Hotel. Es ist deshalb so bekannt, weil[br]man in ihm so tolle, ruhige und erholsame Urlaube machen kann. Auf der Insel befindet sich außer[br]dem Hotel nichts weiteres, das macht es umso interessanter für prominente Gäste, die dort gerne[br]lang und ausgiebig Urlaub machen, weil sie so endlich mal von den vielen Papparazis der diversen[br]Klatschzeitungen befreit sind.[br]Als der Hotelchef nun eines Tages von seinem täglichen Routinerundgang durch sein Hotel[br]zurückkehrt, bemerkt er, dass die Tür zu seinem Büro sperrangelweit offen steht und dass sich auch[br]sein Laptop nicht mehr auf seinem Arbeitsplatz befindet. Es muss also jemand in sein Büro[br]eingebrochen sein und den Laptop gestohlen haben. Darauf befanden sich aber streng vertrauliche[br]Firmengeheimnisse. Insbesondere sind natürlich die privaten Daten von den vielen Hotelgästen und[br]auch den vielen Prominenten, die über die Jahre im Hotel geurlaubt haben, auf dem Laptop[br]gespeichert. Wenn diese Daten in die Hände der falschen Leute geraten würden, dann wäre das der[br]Ruin für den Hotelchef. Denn damit wäre seine Glaubwürdigkeit und der Name seines Hotels[br]ruiniert. Und außerdem müsste er auch noch aufgrund eines neuen Gesetzes zum Datenschutz eine[br]sehr hohe Geldstrafe zahlen, da durch ihn sehr persönliche Daten seiner Gäste abhanden gekommen[br]sind.[br]Ein Inspektor von der Polizeistation, die sich am Festland befindet und die für die guten[br]IT-Kenntnisse und kriminaltechnischen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter bekannt ist, wird gerufen. Doch[br]natürlich kann der Inspektor solch eine wichtige Ermittlung nicht alleine durchführen. Er benötigt die[br]Hilfe seiner fleißigen Kollegen, die den Tatort auf Spuren (unter anderem Fingerabdrücke)[br]untersuchen, und diese dann auswerten. Und da kommen unsere jungen, fleißigen Ermittler ins[br]Spiel...[br][br]Alle Gäste, sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hotels sind verdächtig, denn auf der Insel ist nur das Hotel und sonst wohnt dort absolut niemand. Außerdem kann man nur über eine Fähre dorthin gelangen. Diese Fähre transportiert aber nur Hotelgäste und Angestellte, das heißt, dass nur die Mitarbeiter und Angestellten und sonst niemand anders als Täter in Frage kommen.[br][br]Außerdem wurden im Büro des Hotelchefs Fingerabdrücke gefunden.
Zusammenfassung:
[list][*]Der Laptop des Hotelchefs, auf dem sich vertrauliche und wichtige Dokumente befinden, wurde gestohlen.[/*][*]Tatort war das Büro des Hotelchefs[/*][*]Als Verdächtige kommen nur Angestellte und Gäste des Hotels in Frage[/*][*]Im Büro des Hotelchefs wurden Fingerabdrücke gefunden[/*][/list]
Was meint ihr? Wie könnte man dem Täter auf die Spur kommen? Das heißt: Wie könnte man den Täter finden? Schreibe im nachfolgenden Feld deine Ideen dazu auf.
Grundlegendes zu Fingerabdrücken
Seit über 100 Jahren werden Fingerabdrücke dazu verwendet, Personen zu identifizieren, was beim Aufklären von Verbrechen, aber auch in anderen Situationen sehr hilfreich sein kann (Entsperren von Handys, Tablets, Computern etc.).[br][br]Auf allen Gegenständen, die wir berühren, bleiben Fingerabdrücke zurück.[br][br]Die Linien, die wir in Bildern von Fingerabdrücken kennen, sind Abdrücke der Papillarleisten (hervorstehende Linien, die ihr auch auf euren eigenen Fingern und Händen erkennen könnt).[br][br]Jeder Mensch hat von Geburt an und sein ganzes Leben lang einen eigenen, unverwechselbaren Fingerabdruck, der es möglich macht, ihn zu identifizieren.[br]Für uns bedeutet das: [b]Hat man einen Fingerabdruck vom Tatort und einen anderen von einem Verdächtigen und diese zwei stimmen überein, so kann man sich ganz sicher sein, dass der Verdächtige am Tatort gewesen sein muss und seinen Fingerabdruck dort hinterlassen hat.[/b][br][br]Es gibt vier verschiedene Fingerabdruckformen. Ordne diese richtig zu (Tipp: Schau dir die Formen, die die Papillarleisten bilden, genau an. Dann erkennst du sicher, wie die Fingerabdruckformen heißen!):
Nun beantworte die folgenden Fragen, die die wichtigsten Fakten über Fingerabdrücke nochmal zusammenfassen:
Was bleibt auf fast allen Gegenständen und Flächen zurück, wenn wir sie berühren?
Können zwei Menschen denselben Fingerabdruck haben? Erkläre deine Entscheidung.
Wie können uns Fingerabdrücke bei der Lösung unseres Kriminalfalls helfen?
Positionierung von Fingerabdrücken am Computer
Schau dir nun die folgenden zwei Bilder von Fingerabdrücken an, in denen einige Minutien eingezeichnet wurden. Neben den Bildern befinden sich vier Schieberegler. [b]Versuche nun die vier Schieberegler (durch Verschieben des Punktes) so einzustellen, dass die zwei Bilder der Fingerabdrücke genau übereinanderliegen.[/b] Kannst du dabei etwas erkennen?
Was kann man erkennen, wenn die Schieberegler so eingestellt wurden, dass die zwei Bilder genau übereinanderliegen, das heißt, auch die Punkte genau übereinanderliegen?
Nachdem du die zwei Bilder der Fingerabdrücke genau übereinander positioniert hast, versuche zu verstehen, welche Auswirkungen die einzelnen Schieberegler auf das eine Bild haben.
Was passiert durch Verstellen des ersten, roten Schiebereglers?
Was passiert durch Verstellen des zweiten, schwarzen Schiebereglers?
Was passiert durch Verstellen des dritten, schwarzen Schiebereglers?
Was passiert durch Verstellen des vierten, blauen Schiebereglers?
Mit der obigen GeoGebra-Anwendung soll klar werden, dass das Vergleichen von Fingerabdrücken durch ihre Minutien alles andere als einfach ist. Denn selbst, wenn man die Minutien korrekt einzeichnet (was oben passiert ist), liegen die Minutien des selben Fingerabdrucks nicht übereinander, wenn die Bilder gegeneinander verschoben sind (also die Schieberegler falsch eingestellt sind). Das heißt, zwei Fingerabdrücke können nur miteinander verglichen werden, wenn sie auch in der richtigen Position zueinander stehen. In der wirklichen Fingerabdruckerkennung erledigt das ein Computerprogramm automatisch für uns. An dieser Stelle sollte euch nur gezeigt werden, dass hier noch einiges mehr an technischen Hilfsmitteln nötig ist, um die Fingerabdruckerkennung tatsächlich anwenden zu können. Doch das sind hauptsächlich kleine technische Details. Das grundlegende Prinzip haben wir mit dem Vergleichen von Minutien, was wir uns in weiterer Folge auch noch etwas genauer ansehen wollen, bereits verstanden, was wirklich toll ist.
Theorie: Minutien vergleichen
Wiederholung: Koordinatensystem
Ein Punkt in der Ebene besteht aus 2 Koordinaten: x- und y-Koordinate.[br][list][*]x-Koordinate wird horizontal aufgetragen[/*][*]y-Koordinate wird vertikal aufgetragen[/*][/list][br]Beispiel (siehe unten): Punkt1=(1, 2). Die x-Koordinate ist 1, die y-Koordinate 2.
Minutien sind nichts anderes als Punkte!
Wir wollen ja Minutien miteinander vergleichen und deshalb ist das wirklich super, weil mit Punkten kann man fast so einfach rechnen wie mit Zahlen.[br][*]In der nächsten Abbildung sieht man, dass die Minutien eines Fingerabdrucks nichts anderes sind als Punkte:[/*]
[br]
Vergleichen von Minutien (Punkten) durch Berechnung ihres Abstands
Wir wollen ja schlussendlich Minutien miteinander vergleichen und damit man das schnell und einfach machen kann, wollen wir den Computer dabei zu Hilfe nehmen. Denn das erspart uns lästiges händisches Rechnen und geht obendrein noch viel schneller. Damit wir aber den Computer die Rechenarbeit machen lassen können, müssen wir uns überlegen, wie man den Abstand zwischen zwei Minutien (Punkten) berechnet. Das geht ganz einfach folgendermaßen:[br][br]Abstand zweier Minutien [math]\left(p_1,q_1\right)[/math], [math]\left(p_2,q_2\right)[/math] lässt sich so berechnen: [math]\left|p_1-q_1\right|+\left|p_2-q_2\right|[/math][br](dabei bedeutet [math]\left|p_1-q_1\right|[/math], dass die größere der beiden Zahlen [math]p_1[/math] und [math]q_1[/math] von der kleineren abgezogen wird).[br][br][list][*]Bsp: Abstand von [math]\left(3,1\right)[/math] und [math]\left(7,2\right)[/math] ist: [math]\left|3-7\right|+\left|1-2\right|=\left(7-3\right)+\left(2-1\right)=4+1=5[/math][/*][/list]
Graphisch sieht das so aus:
Der Abstand kann auch in einer Tabelle berechnet werden
Warum verwenden wir nicht den "direkten" Abstand?
Nun fragt ihr euch vielleicht, weshalb wir nicht den "direkten" Abstand zwischen den zwei Punkten berechnen. Das ist natürlich eine sehr gute Frage, die Antwort ist aber, dass dies deutlich schwieriger ist, als wenn wir einfach den Abstand in der x- und der y-Koordinate berechnen und diese beiden dann zusammenzählen. Zum Beispiel wäre der "direkte" Abstand der obigen zwei Punkte gleich:[br][br][math]\sqrt{\left(3-1\right)^2+\left(7-2\right)^2}=\sqrt{4+25}=\sqrt{\left(29\right)}\approx5,385[/math][br][br]Und damit wir uns solche komplizierten Berechnungen ersparen und weil der koordinatenweise Abstand genauso gut, aber viel einfacher zu berechnen und verstehen ist, verwenden wir diesen.
Fehler beim Einzeichnen von Minutien
Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, können durch das etwas ungenaue Einzeichnen von Minutien kleine Fehler entstehen (wie im obigen Bild, in dem zweimal versucht wurde, dieselbe Minutie einzuzeichnen).[br][br]Für uns bedeutet das, dass wir Minutien (Punkte) mit sehr kleinem Abstand, der aber nicht genau 0 ist, trotzdem als gleich ansehen müssen, da dieser Abstand ja von einem ungenauen Einzeichnen kommen könnte (wie im nächsten Bild dargestellt; Grün bedeutet, dass die zwei Minutien übereinstimmen, Rot hingegen, dass sie nicht übereinstimmen).
Ende der Kriminalgeschichte
Schluss
Durch die erfolgreichen Untersuchungen konnte der Täter ermittelt werden. Es handelt sich zweifelsfrei um einen Gast des Hotels.[br]Die Inspektoren fahren daraufhin zum Hotel, um den Täter zu verhaften. Dabei gesteht der Täter die Tat aufgrund der erdrückenden Beweislage nicht nur, sondern verrät ihnen außerdem, dass er von einem Reporter beauftragt wurde, diesem die Daten gegen einen großen Geldbetrag zu liefern. Außerdem erzählt er den Ermittlern, dass er einen Komplizen hatte, nämlich den Portier des Hotels, der ihm während des täglichen Rundgangs seines Chefs Zugang zu dessen Büro verschaffte, wo der gestohlene Laptop aufbewahrt wurde.[br][br]Durch das Umfassende Geständnis des Täters konnten die Auftraggeber, die den Täter dazu beauftragt haben, den Laptop des Hotelchefs zu stehlen, sowie der Komplize des Täters ebenso festgenommen werden und der Fall wurde somit erfolgreich abgeschlossen.[br][br]All das war nur möglich, weil unsere tollen und fleißigen Kriminaltechniker und Ermittler so erfolgreich[br]zusammengearbeitet haben, um diesen komplizierten und schwierigen Fall gemeinsam zu lösen. GRATULIERE!