2.1 Das Leontief-Modell

Das Leontief-Modell
Wassily Leontief (1905-1999) erhielt für seine Input-Output-Analyse 1973 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. [br]Eine Volkswirtschaft in ihrer Gesamtheit zu verstehen ist ausgesprochen schwierig, weil viele Sektoren der Wirtschaft voneinander abhängig sind. Wenn der Energiesektor einer Wirtschaft - zum Beispiel wegen einer Ölkrise - Probleme hat, dann schlägt sich das zum Beispiel deutlich auf den Verkehrssektor nieder, weil teurere Kraftstoffe zu einem anderen Konsumverhalten bei Treibstoffen und Kraftfahrzeugen führen. Wenn Transportkosten steigen, dann beeinflusst das auch die Industrie oder die Landwirtschaft...[br][br]Leontief teilte für seine Analyse die amerikanische Volkswirtschaft in 42 Sektoren und betrachtete dann deren Verflechtung miteinander. Hier werden im Weiteren jeweils nur drei Sektoren verwendet, um das Prinzip dieser Input-Output-Analyse zu erklären. Inzwischen haben sich für dieses Modell viele weitere Anwendungen gefunden. Leontief selbst erweiterte sein Modell auch auf Ökologische Fragestellungen. So kann es zum Beispiel dafür verwendet weren, die Bilanzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen von Betrieben zu untersuchen u.a.. [br]
Ein Verflechtungsdiagramm als Beispiel
Hier ist beispielhaft eine sehr vereinfachte Verflechtung der Sektoren Landwirtschaft, Verkehr und Industrie gezeigt. Ein Teil der Produktion dieser Sektoren wird für den Produktionsprozess selbst gebraucht und geht nicht an den Konsum. Die hier willkürlich gewählten Zahlen entsprechen den Geldeinheiten der Ware.
Die Input-Output-Tabelle
Das Verflechtungsdiagramm oben lässt sich auch in Form einer Tabelle darstellen:[br][br][math]\begin{tabular}[br]{\phantom{xx}}&&\text{L} &\text{V}&\text{I}&\text{Konsum\\\qquad y} &\text{Gesamt-\\produktion\\\qquad x}\\[br]\hline[br]\text{Landwirtschaft}&\text{L}&20&100&40&140&300\\[br]\hline[br]\text{Verkehr}&\text{V}&50&120&40&60&270\\[br]\hline[br]\text{Industrie}&\text{I}&60&60&80&200&400[br]\end{tabular}[/math][br][br]Auch in dieser Tabelle gilt "Zeilen zuerst, Spalten später". Die Zeilen beschreiben wie viel geliefert wird und in den Spalten sieht man, welcher Vektor wie viel von welchem bekommt. Der Verkehr bekommt also Waren aus der Landwirtschaft in einem Wert von 100 Geldeinheiten (s.o.), vielleicht in Form von Bio-Kraftstoffen. Die Landwirtschaft bekommt aus dem Sektor Verkehr Waren oder Dienstleistungen im Wert von 50 Geldeinheiten.[br][br]Mit dem folgenden Applet kann geübt werden, eine solche Input-Output-Tabelle aus dem Verflechtungsdiagramm zu erstellen.
Erstellen von Input-Output-Tabellen
Was geschieht, wenn sich die Produktion eines Sektors ändert?
Wenn es wegen einer Tierseuche oder durch Wetterextreme die Produktion in der Landwirtschaft ändert, dann wird es evtl. auch weniger industriell hergestellte Nahrungsmittel geben und dadurch vielleicht auch weniger Transporte. Vielleicht fangen Konsumenten an mit Hamsterkäufen ...[br][br]Was solche Änderungen alles für Folgen haben, ist in einem so vernetzten System nur sehr schwer vorherzusagen. [b][color=#980000]Daher ist es von Vorteil, wenn eine Formulierung für die Abhängigkeiten der Sektoren untereinander gefunden werden kann, die unabhängig von der Gesamtproduktion ist. [/color][/b]Denn dann können später unterschiedliche Produktionsmengen eingesetzt werden und es lässt sich nachvollziehen, welchen Einfluss das auf das ganze System hat.
Die technologische Matrix A
Betrachten wir wieder die drei Sektoren Landwirtschaft, Verkehr und Industrie:[br][math]\begin{tabular}[br]{\phantom{xx}}&&\text{L} &\text{V}&\text{I}&\text{Konsum \\\qquad y} &\text{Gesamt-\\produktion\\\qquad x}\\[br]\hline[br]\text{Landwirtschaft}&\text{L}&\fgcolor{#CC0000}{20}&\fgcolor{#CC0000}{100}&\fgcolor{#CC0000}{40}&140&\fgcolor{#00CC00}{300}\\[br]\hline[br]\text{Verkehr}&\text{V}&\fgcolor{#CC0000}{50}&\fgcolor{#CC0000}{120}&\fgcolor{#CC0000}{40}&60&\fgcolor{#0000CC}{270}\\[br]\hline[br]\text{Industrie}&\text{I}&\fgcolor{#CC0000}{60}&\fgcolor{#CC0000}{60}&\fgcolor{#CC0000}{80}&200&\fgcolor{#996600}{400}[br]\end{tabular}[/math][br][br]Wenn der Sektor Landwirtschaft nur noch die Hälfte produziert, dann braucht er auch nur noch die Hälfte der Produkte und Dienstleistungen von sich selbst und aus den Sektoren Verkehr und Industrie zu beziehen. Das heißt die erste Spalte der Input-Output-Tabelle wird dann in allen Zahlen halbiert. [br]Wenn man die erste Spalte der Input-Output-Tabelle nicht durch zwei, sondern durch die Gesamtproduktion teilt, dann erhält die erste Spalte die Information, wie viel Produkte und Dienstleistungen [b]für genau eine Mengeneinheit[/b] landwirtschaftlicher Produkte benötigt werden. Wird nach der gleichen Idee auch die zweite Spalte durch die Gesamtproduktion des zweiten Sektors geteilt und die dritte Spalte durch die Gesamtproduktion des dritten Sektors, dann geben die Zahlen der Tabelle nur noch wieder, [color=#980000]wie viel Ressourcen und Produkte für jeweils [b]genau eine[/b] Mengeneinheit Produktion benötigt werden[/color]. Dabei ensteht aus den Zahlen, die die Verflechtungen der Sektoren untereinander beschreiben, die [b]von der Gesamtproduktion unabhängige[/b] [b][color=#980000]technologische Matrix[/color][/b].[br][br]Diese [color=#980000][b]technologische Matrix[/b][/color] - manchmal auch [color=#980000][b]Inputmatrix[/b][/color] genannt wird im Folgenden einfach mit [color=#980000][b]A [/b][color=#000000]bezeichnet. [/color][/color][br][br][math][br]\mathbf A = \begin{pmatrix} [br]\frac \fgcolor{#CC0000}{20}\fgcolor{#00CC00}{300}&\frac \fgcolor{#CC0000}{100}\fgcolor{#0000CC}{270}&\frac \fgcolor{#CC0000}{40}\fgcolor{#996600}{400}\\[br]\frac \fgcolor{#CC0000}{50}\fgcolor{#00CC00}{300}&\frac \fgcolor{#CC0000}{120}\fgcolor{#0000CC}{270}&\frac \fgcolor{#CC0000}{40}\fgcolor{#996600}{400}\\[br]\frac \fgcolor{#CC0000}{60}\fgcolor{#00CC00}{300}&\frac \fgcolor{#CC0000}{60}\fgcolor{#0000CC}{270}&\frac \fgcolor{#CC0000}{80}\fgcolor{#996600}{400}\\[br]\end{pmatrix} =[br] \begin{pmatrix} [br]\frac {1}{15}&\frac {10}{27}&\frac {1}{10}\\[br]\frac {1}{6}&\frac {4}{9}&\frac {1}{10}\\[br]\frac {1}{5}&\frac {2}{9}&\frac {1}{5}\\[br]\end{pmatrix} \approx[br] \begin{pmatrix} [br]0,067&0,370&0,1\\[br]0,167&0,444&0,1\\[br]0,2&0,222&0,2[br]\end{pmatrix} [br][/math][br][br]Mit dem folgenden Geogebra-Applet kann das Erstellen einer technologischen Matrix geübt werden. Achten Sie darauf, dass es sich bei den Brüchen in der Lösung bereits um gekürzte Brüche handelt.
Erstellen der technologischen Matrix
Erstellen der technologischen Matrix mit einem CAS-System
Es ist mühsam, aus der Input-Output-Tabelle die technologische Matrix in ein Computer-Algebra-System (CAS) einzugeben. Glücklicherweise gibt es dafür einen einfachen Weg mit Hilf der "[url=https://www.geogebra.org/m/xpj2qgzn#material/hkqgntbc]besonderen Matrizen[/url]".[br]Wenn man eine Matrix [math]\mathbf{M}[/math] von links mit einer Einheitsmatrix multipliziert, bei der in der ersten Zeile ein [math]a[/math] steht statt einer [math]1[/math], dann wird die erste Spalte der Matrix [math]\mathbf{M}[/math] mit [math]a[/math] multipliziert. Steht das [math]a[/math] in der zweiten Zeile, dann wird die zweite Spalte der Matrix [math]\mathbf{M}[/math] mit a multipliziert. Das kann man sich zu Nutze machen:[br][br][b][u]Ein Zahlen-Beispiel:[/u][/b][br]Gegeben ist die Input-Output-Tabelle[br][math]\begin{array}{c|c|c|c|c|c}[br]&A&B&C&y&x\\ \hline[br]A&30&95&55&80&260\\ \hline[br]B&10&65&80&245&400\\ \hline[br]C&110&60&95&95&360[br]\end{array}[/math][br][br]Dann kann man mit folgender Matrizenmultiplikation die technologische Matrix erstellen:[br][math]\mathbf A=\begin{pmatrix} 30&95&55\\10&65&80\\110&60&95\end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} \frac 1{260}&0&0\\0&\frac 1{400}&0\\0&0&\frac 1{360}\end{pmatrix} [/math][br][br]Das Ergebnis ist [br][math]\begin{pmatrix} \frac {30}{260}&\frac{95}{400}&\frac{55}{360}\\[br]\frac {10}{260}&\frac{65}{400}&\frac{80}{360}\\[br]\frac {110}{260}&\frac{60}{400}&\frac{95}{360}[br]\end{pmatrix} = \begin{pmatrix} \frac{3}{26}& \frac{19}{80}& \frac{11}{72}\\[br] \frac{1}{26}& \frac{13}{80}& \frac{2}{9}\\[br] \frac{11}{26}& \frac{3}{20}& \frac{19}{72}\end{pmatrix} [/math][br][br]Probieren Sie es aus!

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